Sich bereitmachen: Warum wir renitent sein müssen
Shownotes
Podcast und Themenseite: weiterdenken.de/de/hinhoeren-handeln Buch "Mut zum Unmut" von Paul Starzmann und Matthias Meisner: dietz-verlag.de/isbn/978380120707…er-Paul-Starzmann Zum Gast Matthias Meisner: www.meisnerwerk.de Themenseite #nichtneutral: weiterdenken.de/de/nicht-neutral
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00:00:04: Diese ganze Engagement, dass ohne Geheuer wichtig ist und dass viele das alle betrifft, das ist gerade in Sachsen, gerade in Ostdeutschland viel viel schwieriger geworden.
00:00:16: Und insofern meint die Anleitung zur Widerspenstigkeit ja nicht ausschließlich Politiker, das ist ein Kapitel, sondern das betrifft die Arbeitswelt.
00:00:28: Das betrifft aufmüpfige Frauen, das betrifft auf freche Kinder, das betrifft Graffitispräherinnen und Graffitispräher, Hausbesetzerinnen.
00:00:37: Das soll eine Ermunterung sein, für alle an ihrem Platz zu schauen, wo kann ich denn durch Widerspruch etwas erreichen?
00:01:01: Hinhören und handeln.
00:01:03: Sich bereitmachen für eine extrem rechte Regierungsbeteiligung, das kann auch heißen, sich zu überlegen, wo man Widerspenstik und Renitant bleiben kann.
00:01:11: Mit Matthias Meißner spreche ich gleich über Widerspänzlichkeit und was das
00:01:14: ganz praktisch bedeutet,
00:01:15: vor allem in Bezug auf extremen Rechte Politik gegen die es Renitanz braucht.
00:01:20: Und darum geht es in diesem Podcast.
00:01:22: Wenn eine Regierungsbeteiligung von extremen Rechten droht, muss man versuchen, das zu verhindern und sich gleichzeitig darauf vorbereiten.
00:01:29: Die gute Nachricht, man kann sich vorbereiten, sich bereit machen.
00:01:33: Schon jetzt den ergerechten Angriffe und menschenfeindliche autoritäre Politikalltag.
00:01:38: Damit müssen viele umgehen.
00:01:39: und auch dafür kann man sich bereit machen.
00:01:41: Bei Hinhören und Handeln sprechen wir mit Expertinnen über ihre Analysen und Handlungsempfehlungen.
00:01:49: Mein Name ist Hannah Eitel und ich spreche heute mit Matthias Meisner über Renitens, über die unterschätzte Kunst der Widerspänstigkeit.
00:01:57: Matthias Meißner ist freier Journalist in Tirana und Berlin.
00:01:59: Er schreibt für die TATS und er hat schon lange Zeit über Sachsen berichtet, besonders in den Jahren twenty-fünfzehn zu Pegida-Zeiten und daher kennen wir uns auch vom Buch unter Sachsen zwischen Wut und Willkommen.
00:02:11: Seitdem hast du mit deiner Co-Harausgeberin Heike Kleffner viele weitere Bücher herausgegeben.
00:02:15: Extreme Sicherheit, Rechtsradikale in Polizei, Verfassungsschutz, Bundeswehr und Justiz ist nur eines davon.
00:02:21: Herzlich willkommen, Matthias.
00:02:23: Hallo Hannah.
00:02:24: Ich will ja mit dir vor allem über politische Widerspänzlichkeit sprechen, auch im Hinblick auf Rechtsextremismus.
00:02:32: Im Podcast geht es ja vor allem darum, auch wie man sich bereit macht gegen rechte Angriffe, auch gegen potenzielle rechte Regierungsübernahmen in Deutschland.
00:02:41: Und da würde mich interessieren, was heißt denn für dich eine politische Widerspänzlichkeit, wenn es um das Thema Rechtsextremismus geht?
00:02:48: Was meinst du damit?
00:02:49: Hast du vielleicht auch ein Beispiel?
00:02:51: Wir haben durchaus in dem Buch Vorbilder identifiziert.
00:02:54: Die kommen aus ganz verschiedenen politischen Lagern.
00:02:59: Wenn du nach Namen fragst, kommt der Grünen Werner Schulz vor aus Zwickau, der leider verstorben ist.
00:03:07: Es kommt der CDU-Bundestagsabgeordnete, der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz vor, der die Initiative für das AfD-Verbot verfahren gestartet hat.
00:03:18: Wir beschäftigen uns auch mit Kevin Kühnert, obwohl das ein abschreckendes Beispiel ist.
00:03:24: Kannst du noch mal erzählen?
00:03:25: Du sagst, Marco Manderwitz hat sich für das AfD-Verbot eingesetzt.
00:03:28: Was macht ihn damit zu jemanden, der widerspenstig oder rennitent ist?
00:03:32: In seiner eigenen Partei hat er sich definitiv nicht beliebt gemacht mit dieser Initiative.
00:03:37: Er war einer der Ersten in der CDU oder vielleicht sogar der Allererste in der CDU.
00:03:43: von Rang, der AfD-Politiker Knallhardt als Nazis bezeichnet hat, hat selbst da eine Menge einstecken müssen, wurde bedroht.
00:03:54: Es gab Aufmärsche vor seinem privaten Wohnhaus, sein Wahlkreisbüro, da gab es einen Anschlag einmal in der Silvesternacht vor paar Jahren.
00:04:04: Ich glaube, bei Wanderwitz ist bemerkenswert, dass er standfest geblieben ist, obwohl in seiner Partei längst nicht.
00:04:13: alle begeistert waren und er da eher auf verlorenem Posten kämpfte.
00:04:17: Und das Spannende, was wir bei ihm fanden, ist, dass er sich dann bei seinem Engagement für das AfD-Verbotsverfahren vernetzt hat, auch mit Menschen aus ganz unterschiedlichen politischen Lagern, zum Beispiel mit der linken Bundestagsabgeordneten Martina Renner, die auch nicht mehr im Parlament ist.
00:04:36: Und dann sagte Martina Renner einmal zu ihm, Es wäre so mit das Schönste gewesen, in ihrer parlamentarischen Zeit die Zusammenarbeit Partei übergreifen für die gemeinsame Sache.
00:04:48: Und das ist auch eine Form von Renitanz, sich dann für so eine bestimmte Sache einzusetzen und dann halt auch die Gegenwehr auszuhalten.
00:04:59: Wenn du jetzt sozusagen die Renitanz so hoch hältst, würdest du sagen, dass Demokraten in progressive Antifaschistinnen auch einfach widerspenstiger sein müssen im Sinne von... Frecher, unangepasster sein müssten.
00:05:12: Geht es um klassische Renitentenhandlungen?
00:05:16: Oder geht es darum, locker mit den Regeln umzugehen?
00:05:20: Frech mit dem Scheig im Nacken auf die Sache zuzugehen?
00:05:24: Nur Krawall, das kann nicht funktionieren.
00:05:26: Mit dem Kopf durch die Wand kann nicht funktionieren.
00:05:28: Es kann auch eine Gesellschaft nicht funktionieren, wo alle Leute Renitent sind.
00:05:33: Wir sagen trotzdem, im Vorwort des Buches, die angepassten halten die Gesellschaft zusammen und die Widerspenstigen bringen sie voran.
00:05:41: Und ja, wir haben jetzt über Politikerinnen und Politiker gesprochen oder Mist.
00:05:47: Wir haben jetzt hauptsächlich über Politiker gesprochen.
00:05:50: Wir könnten über Heidi Reichineck auf die Barrikaden sprechen.
00:05:53: Wir könnten über Andrea Y. Lanti sprechen, die in Hessen vor Jahren mal versuchte, eine rot-rot-grüne Koalition zu bilden und dann ... aus der SPD rausgedrängt worden ist, die ist inzwischen parteilos.
00:06:06: Aber wichtig ist mir bei dem politische Widerspenstigkeit, das ist jetzt kein Ratgeber für Bundestagsabgeordnete oder Landtagsabgeordnete, den wir gemacht haben, sondern das soll eine Ermunterung sein für alle, für jeden, für seinem, für jede an ihrem Platz zu schauen, wo.
00:06:28: Kann ich denn durch Widerspruch etwas erreichen?
00:06:32: Und insofern gibt es ja manchmal auch ganz, ganz lange Linien.
00:06:36: Du hattest das Buch angesprochen unter Sachsen zwischen Wut und Willkommen, was in den letzten Jahren auf dem Höhepunkt der Pegida-Proteste erschienen ist.
00:06:47: Wir hatten damals auf dem Titelbild ganz bewusst nur Pegida.
00:06:53: No Pegida Protest.
00:06:55: Da gab es Abteure mit einem ganz langen Atem, die seinerzeit schon eine wichtige Rolle spielen.
00:07:01: Michał Tomaszewski von der Banderkommunale beispielsweise, der mit Blasmusik anspielte gegen die Rechten damals Pegida zunächst, später gegen die... AfD und der letztlich auch anspielte gegen diese Raumnahme, gegen das Reklamieren von Begriffen.
00:07:21: Das waren ja nie Spaziergänger, das waren Aufmärsche.
00:07:24: Das, was AfD und Co.
00:07:26: machen, das ist auch nicht Renitenz, sondern das ist wirklich ein Total dagegen gegen die Demokratie.
00:07:35: Und Michał Tomaszewski taucht jetzt auch in unserem neuen Buch «Mut zum Unmut» wieder auf und wir beschreiben, wie er die Entwicklung über die vergangenen Jahre gesehen hat.
00:07:46: Und das ganze Engagement, das so ohne Geheuer wichtig ist und das viele, das alle betrifft, das ist gerade in Sachsen, gerade in Ostdeutschland viel, viel schwieriger geworden.
00:08:00: Und insofern meint die Anleitung zur Widerspenstigkeit nicht ausschließlich Politiker, das ist ein Kapitel, sondern das betrifft die Arbeitswelt, das betrifft aufmüpfige Frauen, das betrifft auf freche Kinder, das betrifft Graffitispräherinnen und Graffitispräher, Hausbesetzerinnen.
00:08:24: vergessen zu erwähnen, Lisa Pöttinger, die als Klimaaktivistin in Bayern nicht Lehrerin werden soll.
00:08:31: Wir haben eine Klima-Kleberin, die lange Haftstrafen schon abgesessen hat.
00:08:37: Und wir wollen im positiven Sinn den Begriff der Renitanz und Widerständigkeit reklamieren, auch zurückholen.
00:08:48: Auch, weil du das angesprochen hast, von den Rechten zurückholen.
00:08:53: Auf die rechten gehen wir gleich nochmal ein.
00:08:55: Kannst du noch einmal noch einmal erzählen, was macht jetzt die Banderkommunale Renitent?
00:09:00: Warum findest du die Renitent?
00:09:02: Na ja, die Banderkommunale... ist einfach fortdauernd unbequem im Sachsen, einem Bundesland, wo rechte Umtriebe eher bagatellisiert werden, verharmlost werden, und zwar mit jahrzehntelanger Geschichte.
00:09:19: Ich erinnere an Kurt Biedenkopf, die Sachsen sind immun gegen Rechtsextremismus, hat er gesagt.
00:09:26: zu Zeiten, als die skinheads sächsische Schweiz schon mächtig am Wirken waren, als Heuerswerde, das Pogrom, schon Jahre zurücklag und mit seinem kleinen Reden hatte er ja nicht erreicht, den Rechtsrück zu verhindern.
00:09:43: Nein, Sachsen war das erste Bundesland überhaupt, wo die NPD in ein Landesparlament eingezogen ist, war das erste Bundesland überhaupt, wo die AfD in ein Bundesland im Parlament eingezogen ist.
00:09:56: Und du hattest vorhin in der Frage mal gesagt, ja, Machtübernahme, ja, das steht uns ja womöglich.
00:10:04: Bevor in Sachsen-Anhalt, vielleicht im Mecklenburg-Vorpommern.
00:10:09: Und auch da geht es dann um vielfältigste Aktionen.
00:10:15: Und da sind mir die kreativen Aktionen, Stichwort Banderkommunale, am liebsten.
00:10:19: Es müssen nicht immer Volksreden gehalten werden.
00:10:22: Volksreden sind irgendwie eher blöd.
00:10:25: Und wenn dann angespielt wird ... gegen die Rechtsradikalen, gegen die Freien Sachsen, gegen Pegida, gegen die AfD.
00:10:34: Ist das viel viel sympathischer?
00:10:37: Okay, das heißt widerspenstig sein.
00:10:39: Es ist eigentlich, es ist egal, was man tut.
00:10:42: Es geht gar nicht darum, um so klassisch widerständige Handlungen, sondern manchmal geht es auch einfach darum, zu sagen, ich bleibe dabei.
00:10:50: Also ich beharre darauf, dass ich hier demokratisch leben will, dass ich in einer offenen Gesellschaft leben will und darauf eine Behaarlichkeit zu haben.
00:10:57: und ob ich dann die Trompete zücke oder eine andere Form wähle.
00:11:03: Das ist gar nicht so wichtig für den Unmut, den du beschreibst, sondern dieses Behaarliche darin.
00:11:08: Dieses Behaarliche, dieses Prüfen, wo es ist angezeigt, Nein zu sagen, ganz egal ist es natürlich nicht.
00:11:13: Es ist durchaus so, dass sich Leute als Renitent empfinden.
00:11:19: den wir dieses Etikett nicht zubilligen.
00:11:23: Ja, ich finde, die Querdenkerszene ist nicht rennitent.
00:11:26: Rassistinnen und Rassisten sind nicht rennitent.
00:11:30: Sarah Wagenfnecht, Björn Höcke, nicht rennitent.
00:11:34: Aber wir haben uns in dem Buch gar nicht so sehr mit denen beschäftigt, wo wir zweifeln haben, dass es im wirklichen Sinn rennitents ist, sondern wir haben uns eben mit Beispielen beschäftigt.
00:11:47: die wir als vorbildlich ansehen und uns auf die fokussiert und beschrieben, was die tun und wo sie das tun.
00:11:59: Es ist in mehr Bereichen, als man das auf den ersten Blick denkt.
00:12:06: Ich würde jetzt noch mal gerne eingehen, weil du immer wieder sagst, das ist nicht rennitent, was Querdenkerproteste sind.
00:12:14: Extremerrechte Rassismus ist nicht rennitent.
00:12:16: Und wenn ich jetzt aber in meinem Kopf so mit dem Begriff nachgedacht habe über unser Gespräch, dann denke ich eben so an die letzten zehn Jahre und dass die Idee, dass es eher nach hinten geht und nicht so sehr nach vorne geht, zum Beispiel, dass Klimagerechtigkeit angeht, was andere große Themen angeht, dass wir da eigentlich nicht so richtig rankommen, eben auch wegen so einer Renditenz, wegen Beharrlichkeit.
00:12:41: weil wir von den rassistischen Protesten gar nicht richtig willkommen, um über andere Themen zu sprechen und wenig nach vorne diskutiert wird.
00:12:48: Ich hätte dafür das Wort Renitänz mir total gut vorstellen können, du sagst aber, du willst diesen Begriff den Rechten überhaupt nicht geben.
00:12:53: Vielleicht kannst du nochmal richtig erklären, was ist denn der Unterschied zwischen der Renitänz und den Beharrungskräften von Rechten?
00:13:02: Also ich will vielleicht mal sagen, das ist sowieso eine traurige, gefährliche Entwicklung.
00:13:08: dass von rechts eine Raumnahme stattfindet, dass eine Inanspruchnahme von Begriffen stattfindet, die ganz anders assoziiert waren.
00:13:21: Das betrifft zum Beispiel das Wort Alternative.
00:13:24: was die AfD für sich reklamiert hat.
00:13:27: Gleich die Alternativen Medien mit der Alternativen Medien, das waren früher, vielleicht die Tats waren, Stadtzeitungen waren, Radio Dreieckland im Südwesten der Republik.
00:13:39: Und die AfD kommt und ihre Mitstreiter kommen und behaupten, wir sind die Alternative.
00:13:47: Das betrifft Dito, den Begriff Widerstand.
00:13:50: Renitent habe ich vor ein paar Tagen erst gelesen, da kam der schwurbelnde Verleger der Berliner Zeitung eines Organs, das sich irgendwie fokussiert inzwischen auf Kremlpropaganda, AfD, Verharmlosung, das Viktor Orban.
00:14:08: hoffiert und schon eingeladen hat, auf eine Bühne gebracht hat.
00:14:12: Der sagt, ja, unsere Leser, der gendert ja nicht, unsere Leser sind Renitent und wir als Zeitung sind auch Renitent.
00:14:21: Nee, finde ich nicht, ja.
00:14:23: Natürlich kann man da jetzt irgendwie ewig mit solchen Akteuren streiten, will ich aber gar nicht.
00:14:29: Ich finde es eher wichtig.
00:14:32: dass im positiven Sinne wieder Menschen sich erinnern, was denn Widerständigkeit, was Renitenz, was Alternative früher bedeutet.
00:14:46: In dem Sinn.
00:14:50: Noch mal, in dem Buch selber verzichten wir jetzt darauf, Menschen zu baschen, die aus unserer Sicht ungerechtfertigt mit dem Begriff der Widerspenstigkeit umgehen.
00:15:04: Aber wir glauben, dass die Menschen, die es ja auch gibt, um die man nie vergessen darf, die für die Demokratie, vielleicht für bessere Bedingungen in ihrem Job für insgesamt besseres soziales Klima, aber auch für das Klima überhaupt kämpfen, dass die Vorreiterinnen und Vorreiter von Renitens sein müssen.
00:15:30: Ich hätte gerne noch ein konkretes Beispiel zu Renitens gehört und gerne eines nicht von der Politikerin, sondern von uns allen, die wir so hören im Alltag.
00:15:38: Wo können wir Renitens sein?
00:15:40: Hast du noch mal ein bestimmtes Beispiel, was du da erzählen möchtest?
00:15:42: Oder ich habe jetzt gerade das Beispiel dieser Lehrerinnen gedacht.
00:15:46: Erzähl mal da die Lieblings-Renitänz-Geschichte noch.
00:15:48: Was ist dein liebstes Beispiel?
00:15:49: Ja, meine Lieblings-Renitänz-Geschichte ist tatsächlich Seda Bashar-Yildes, die Frankfurter Rechtsanwältin, die vom NSU II.
00:15:55: Null bedroht wurde und selbst Nebenklägerin war vom ersten NSU-Opfer.
00:16:03: Mit der hatte ich Anfang vom vergangenen Jahres mal eine Veranstaltung in Langen.
00:16:08: Das ist eine Kleinstadt bei Frankfurt am Main, die Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin.
00:16:14: Und anschließend waren Seder Basca Gildes und ich mit anderen Beteiligten des Podiums noch eine Pizza essen um die Ecke beim Italiener.
00:16:25: Und ich habe sie gefragt, wie sie auf die Idee gekommen ist oder wie sie dazu gekommen ist, Rechtsanwältin zu werden.
00:16:33: Und dann erzählte sie eine, finde ich, sehr berührende Geschichte, die jetzt auch im Vorwort unseres Buches ausführlicher noch dargestellt wird, wie ihre aus der Türkei stammenden Eltern sich in alte Schrottkiste gekauft hatten.
00:16:48: Die Mutter brauchte die, um zur Frühschicht zu kommen, als noch kein Bus vor.
00:16:53: Und dann wollten sie die zulassen und sind zur Filiale der DEVK-Versicherung gegangen.
00:16:59: Nennen die jetzt ganz bewusst hier und der Versicherer sagt dann ne Moment mal Balkan, Türkei, Albanien etc.
00:17:07: Versichern wir nicht zu hohes Risiko von Versicherungsbetrug und zu hohes Schadensrisiko.
00:17:14: Und Seder war damals elf Jahre alt und dachte, das kann echt nicht sein.
00:17:20: Ihr Vater sagt, komm wir suchen eine andere Versicherung, irgendjemand wird schon unser Auto versichern.
00:17:25: Und sie sagte, nee, das kann nicht sein.
00:17:27: Und sie ist dann in die Stadtbücherei gegangen und hat herausgefunden, es gibt eine Ombudsstelle der Versicherer.
00:17:35: Und an die hat sie dann geschrieben und den Fall geschildert und bin weniger Tage.
00:17:41: Jetzt kriege ich ein bisschen Trend in die Augen.
00:17:43: Bin weniger Tage war dann der Versicherungsvertrag im Posttasten bei der Familie.
00:17:52: Ja, auch zum Beispiel von Renny Tens im Alltag und Widerspenstigkeit im Alltag, dass ich ultra schön finde, weil so oder anders, da jeder auch was draus ableiten kann.
00:18:08: Mit elf Jahren schon verstehen, dass was ungerecht ist und es sich nicht gefallen lassen, ist auf jeden Fall eine beeindruckende Geschichte.
00:18:15: Und wirklich sehr alltäglich, glaube ich, daran können viele anknüpfen.
00:18:19: Du selber bist ja Journalist, deswegen würde mich auch noch interessieren, du hast ja schon angesprochen, rechte Gründen, Alternativmedien, aber rechte Greifen ja vor allem und extreme rechte Greifen Medien an, demokratische Medien in jeder Form, da würde mich interessieren, wo müssen eigentlich Journalisten Renitent sein?
00:18:37: und wo warst du vielleicht auch in deinem Beruf schon mal Renitent?
00:18:40: Jetzt, wenn man nicht darauf ausgeht, dass man in Italien arbeiten will, sondern vielleicht in einer politischen Frage.
00:18:46: Okay, ich ... Red jetzt nicht so viel über Wiederborte, die ich irgendwie gegeben habe, als ich fest angestellt war, sondern finde jetzt noch viel wichtiger.
00:18:55: In der aktuellen Zeit ist welche Rolle neben Journalistinnen und Journalisten ein, wenn es um den Umgang mit der AfD mit rechten Umtrieben geht.
00:19:08: Ich mache mir ein bisschen Sorgen, dass das, ich nehme an, du kennst dieses Schlagbord von den besorgten Bürgern.
00:19:17: auf die man hört, mit denen man redet, mit denen man irgendwie Dialoge möglicherweise beginnt.
00:19:25: Wie man nicht ausschließen
00:19:26: soll.
00:19:26: Als Pendant gibt es ja als Leserin und Leser von Zeitungen auch die besorgten Leser.
00:19:37: Den Wirklichkeit sich vielleicht auch für Renitant oder Protestwähler halten und die AfD wählen, obwohl sie genau wissen, was das für eine radikale Partei ist.
00:19:51: Da ist es ultra spannend, wie gehen Chefredaktionen mit denen um?
00:19:57: Das betrifft den öffentlich-rechtlichen Rundfunk natürlich ganz genauso.
00:20:01: Und im Buch schreiben wir, in dem Zusammenhang über Neutralität als Kampfbegriff der AfD.
00:20:09: Und dass auch das eine Sache ist, die man dieser rechtsextremen Partei nicht durchgehen lassen soll.
00:20:15: Die AfD bekämpft... Die etablierten Zeitungen, die bekämpft den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Staatsfunk, als Mainstream-Medien, die lässt irgendwie nichts Gutes durchgehen.
00:20:30: Die baut ein konträres Medienimperium auf und zugleich will sie eine vermeintliche Neutralität, die letztlich ja nur bedeuten soll, sie will besser behandelt werden.
00:20:45: Aber ich finde, man muss Demokratie feinde.
00:20:48: nicht gut behandeln.
00:20:49: Und was heißt das jetzt für Journalistinnen oder für Medienhäuser?
00:20:54: Ganz
00:20:54: konkret heißt es zum Beispiel keine Wortlautinterviews mit AfD-Politikern.
00:21:00: Ich finde auch, dass sich Veranstalter bei Podiumsdiskussionen vor Wahlen sehr genau überlegen müssen, wollen wir die AfD einladen, müssen wir die AfD einladen, welche Möglichkeiten gibt es zu verhindern, dass wir sie dass wir sie einladen.
00:21:18: Wenn es dann erst mal so weit ist, dass die in allen Aufsichtsgremien überall mit dabei sind, dann ist es möglicherweise zu spät.
00:21:28: Und auch da haben Journalistinnen und Journalisten eine Verantwortung.
00:21:34: nicht Lautsprecher zu sein von einer rechtsradikalen Partei, nicht deren Pressemitteilung eins zu eins in ihre Zeitungen fließen zu lassen, sondern sie müssen sich einfach kritisch damit auseinandersetzen, was diese Partei macht und was passiert.
00:21:50: Und die Geschichte, die ich in dem Zusammenhang auch sehr, sehr wichtig finde, wenn es in demokratischen Parteien, und das muss nicht nur die CDU betreffen, Leute gibt, die sich als Türöffner zur AfD betätigen.
00:22:06: Da muss auch das kritisch begleitet werden und benannt werden.
00:22:11: Man hat den meisten, wo ... vor paar Wochen ein hundertprozentiger Neonazi Oberbürgermeister werden wollen gesehen, dass einerseits die Lokalzeitung dessen Rolle verharmlost hat, aber es ist dann trotzdem gelungen, durch eine wache Zivilgesellschaft, eine wache Antifa zu verhindern, dass dieser Mensch ins Amt kam.
00:22:35: Mir ist genau dieser Artikel eingefallen, wenn du gesprochen hast, weil ... Ich glaube, er wurde mit einem Zitat hervorgehoben, dass es manchmal einfach hilft, wenn man den Leuten zuhört und dass der Nils und Neonazi wieder als der Bürgerversteher dargestellt wird.
00:22:50: In einer sehr bekannten Zeitung fand ich auch erschreckend.
00:22:54: Nee, man kann das ja
00:22:54: auch benennen.
00:22:55: Das war die
00:22:56: führende Regionalzeitung in Ostsachsen, die sächsische Zeitung, die das gemacht hat.
00:23:01: Ich will auch nicht sagen, dass in diesen Redaktionen alles Menschen sind, die irgendwie AfD-Sympathisanten und Sympathisanten sind.
00:23:10: Aber natürlich hat das viel mit Spiegelbild der Gesellschaft zu tun.
00:23:14: Es gibt die halt auch.
00:23:16: Und insofern muss man die Pfiffigen, die kritischen Reporterinnen und Reporter stärken.
00:23:23: die eben genau da nicht mitmachen und die sich auch nicht einschüchtern lassen von dem Klima.
00:23:31: Die AfD unter dem unter der Parole es ging um Meinungsfreiheit anfängt letztlich ja unsere unsere Gemeinschaft zu sabotieren.
00:23:44: Da hast du recht und es gibt ja zum Glück überall.
00:23:47: Diese Journalistinnen, die auch in allen Bereichen, wir reden jetzt über einen Journalismus, gibt hier auch natürlich tolle Journalistinnen, auch bei der von der benannten sechstischen Zeitung gibt es tolle Kolleginnen.
00:23:57: Trotzdem hast du jetzt was angesprochen für den Bereich, was ich so als Einzelperson nicht immer leisten kann.
00:24:02: Also, wenn es zum Beispiel braucht, ein Mediumjahr, Richtlinien, wie zu berichten ist.
00:24:07: Und die Frage ist, wer wird interviewt?
00:24:09: Wer wird wie porträtiert?
00:24:10: Das kann ja auch eine gesamtredaktionelle Entscheidung sein, die nicht jede Person für sich selber entscheiden muss.
00:24:16: Da hast du ja Dinge benannt, wie man führt gar kein Wortlautinterview mit bestimmten Personen von extremen rechten Parteien wie der AfD.
00:24:23: Und das bringt mich zu einer weiterführenden Frage, nämlich wir haben hier eigentlich über ein ähnliches Thema auch schon einige Jahre gesprochen.
00:24:31: Wir haben es allerdings immer ungehorsam genannt und die Frage von politischem ungehorsamen, nicht nur zivilen ungehorsamen, klassischen Sinne aber auch und in dem Sinne auch ein bisschen Überwiderspenstigkeit.
00:24:41: Und gleichzeitig habe ich den Eindruck, den Leuten fehlt hier nicht unbedingt der Wille zum Umut.
00:24:48: Also diese guten Leute gibt es überall, die gibt es in jedem Ort, die gibt es auch in den meisten Institutionen.
00:24:53: Was aber nicht immer da ist, ist die Kraft oder sind nicht immer genug von diesen Leuten.
00:24:58: Und deswegen würde ich gerne noch mal wissen, wer muss eigentlich Renitant sein?
00:25:02: Also wer muss das können und wer muss damit was bewegen oder aufhalten können?
00:25:08: Was muss sozusagen eine Institution können?
00:25:11: Wer in den Institutionen muss?
00:25:14: oder wie können wir Institutionen Renitent machen?
00:25:16: Du hast gesagt, es gibt auch Institutionen der Renitents.
00:25:19: Das würde mich noch mal interessieren.
00:25:20: Also tatsächlich haben wir ein Kapitel, das heißt Staat, und da beschreiben wir einerseits Institutionen der Renitents.
00:25:33: Interessanterweise eine Geschichte, die bis in die DDR zurückreicht.
00:25:38: Da war ziemlich populär das Eingabewesen.
00:25:41: Man hat Briefe geschrieben an den Rat des Kreises, an den Rat der Stadt, vielleicht auch an Erich Honecker und hat sich über bestimmte Dinge beschwert.
00:25:49: Und es gab dann auch beim Staatsrat wirklich eine Stelle, die sich mit diesen Eingaben beschäftigt hat.
00:25:56: Heute gibt es als Pendant den Petitionsausschuss des Bundestages, die Petitionsausschüsse der Landtage.
00:26:05: Es gibt das spannende Instrument der Verfassungsbeschwerde.
00:26:09: Das sind alles Aktionen, die jeder einzelne starten kann, weil du gefragt hast.
00:26:14: Was Staatsdiener tun können.
00:26:17: Staatsdiener können natürlich auch an bestimmten Stellen Zivilcourage sagen.
00:26:22: Sie müssen als Lehrerinnen und Lehrer, da sind wir wieder bei der Neutralität, das nicht so weit treiben.
00:26:30: dass heute über die Demokratie gesprochen wird und dann macht man morgen der AfD-Podium.
00:26:39: Gerade an den Schulen ist diese politische Bildungsarbeit ungeheuer wichtig und es ist ungeheuer wichtig, dass da auch Lehrerinnen und Lehrer nicht den Mut verlieren.
00:26:51: Ein Stichwort dazu, dass in meiner Arbeit, in dem Buch immer wieder auch eine große Rolle spielt.
00:26:57: Das ist die Frage der Solidarität, dass sich einfach Menschen zusammentun und dass man vermittelt ihr seid nicht allein.
00:27:04: Insofern ist, das nenne ich nochmal, dem Buchtitel Mut zum Unmut, ist dann eben auch eine Streitschrift, die was anstiften soll und die zur Verknüpfung beitragen soll.
00:27:20: Und ja, es gibt irgendwie so formale Netzwerke, wo sich zivilgesellschaftliche Abteure verbinden.
00:27:28: Aber das, was gerade nach den, nach der Korrektivrecherche Januar zwanzig vierundzwanzig passiert ist, dass sich ganz, ganz unterschiedliche Leute auf die Straße begeben haben, das muss halt verstetigt werden.
00:27:45: Und ja, da sind wir jetzt wieder bei der Anleitung.
00:27:48: Da versuchen wir einfach.
00:27:50: ein bisschen Schwung reinzubringen, ja, solche Entwicklung.
00:27:54: Danke dir.
00:27:56: Du hast jetzt mehrmals die Neutralität angesprochen, da wollte ich auch kurz auf was hinweisen.
00:27:59: Das ist ja auch ein Thema, was uns schon lange umtreibt, gerade im Bezug auf Schulen als Anforderung an Lehrerinnen, die dann auch sehr oft alleine gelassen werden, wenn Vorwürfe, für die nicht Neutralität an sie rangetragen werden, damals als die AfD diesen Lehrerinnenpranger ins Leben gerufen hat.
00:28:14: Das hatte hier in Sachsen auf jeden Fall reale Auswirkungen auf das Vertrauen der Lehrerinnen in den Rückhalt, den sie sozusagen haben in ihrer Arbeit.
00:28:24: Wir haben gerade eine Handreichung rausgegeben, nicht neutral.
00:28:27: Und dazu auch eine Themenseite.
00:28:29: Weiter denken die eh nicht neutral.
00:28:31: Genau, wo wir erklären, warum, wie das mit der Neutralität funktioniert, wer eigentlich alles nicht neutral sein muss, was damit auch gar nicht gemeint ist, warum man immer demokratisch sein darf, auch als Verein, auch als geförderter Verein.
00:28:43: Demokratiegeburt statt Neutralitätsgeburt sagen wir immer gerne.
00:28:46: Und auch mit Fragen an den Anwalt, der noch mal erklärt, auch warum man nie so neutral sein muss, dass man zum Beispiel eine extrem rechte Partei wie die AfD einladen muss.
00:28:54: Keiner muss das tun.
00:28:55: Dazu gibt es auch gar keine rechtliche Vorschrift.
00:28:57: Das wird, finde ich, weil es eben so als Kampfbegriff geführt wird, gerade den Leuten suggeriert, sie müssten das tun.
00:29:03: Aber es gibt gar keine Verpflichtung, irgendjemanden einzuladen.
00:29:07: Gibt es denn noch was, wo du findest, da fehlt Renitenz oder da würdest du dir mehr Renitenz wünschen oder eine andere Renitenz?
00:29:15: Oh Gott, oh Gott, oh Gott, ich weiß es gar nicht genau, wenn ich jetzt irgendwie bei Veranstaltungen bin und die Menschen mich fragen immer noch mehr, noch wilder.
00:29:23: Also wir versuchen in dem Buch auch zu sagen, wo es Grenzen gibt.
00:29:27: Wir haben zwölf Gebote der Renitanz am Schluss in unserem Buch.
00:29:31: durchaus darf man wütend sein.
00:29:33: Wir schreiben, dass man Spaß haben muss, aber auf die Frage sozusagen mehr Renitanz.
00:29:42: Man muss auch immer eine Risikoabschätzung vornehmen.
00:29:46: Einfach nur künftig im Jobdienst nach Vorschriften machen, ohne zu schauen, wie man das begründet.
00:29:54: Das geht auch nicht.
00:29:55: Aber ja, es gibt viel, viel mehr Möglichkeiten, nein zu sagen, als man das auf Anhieb denkt.
00:30:03: Das habe ich vorhin schon mal so ähnlich gesagt.
00:30:09: Ich hoffe, dass wir anstiften, einfach zu gucken, was jeder persönlich tun kann.
00:30:16: Und deswegen vom Beginn, wo wir viel über Politik gesprochen haben.
00:30:21: Nee, es sind nicht nur die anderen, die Renitent sein müssen, sondern jeder und jeder kann schauen, wo ein Widerwort fällig ist.
00:30:31: Okay, das ist doch ein schönes Schlusswort.
00:30:34: Vielen Dank, Matthias, für das Gespräch heute.
00:30:37: Gerne.
00:30:37: Wir verlinken natürlich zum Buch in den Show notes, wenn ihr euch noch mal selber eine Anleitung zur Widerspänzlichkeit durchlesen möchtet.
00:30:59: Das war unser Podcast, Hinhören und Handeln.
00:31:11: Ihr findet ihn auf weiterdenken.de-Rechtspopulismus, könnt ihr aber auch abonnieren in eurer Podcast-App.
00:31:17: Dort findet ihr auch die weiteren Folgen, zum Beispiel die Erfahrungsberichte aus den USA.
00:31:21: In der ersten Staffel von Hinhören und Handeln haben wir damals darüber gesprochen, was alle Einzelnen tun können, angesichtsrecht der Hetze und Gewalt.
00:31:28: Jetzt sprechen wir über Organisationen und Institutionen und was sie tun sollten, angesichts extrem rechter Politik.
00:31:36: Hört gerne wieder hin.
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